Thema Progress:

Nichts ändert sich wohl so rasant, wie die Kommunikation mit dem Kind.

Gestern lag der Säugling noch hilflos auf dem Rücken und konnte sich nur durch Schreien äußern. Kurze Zeit später kann das kleine Kind schon Sätze formulieren  und bald, so ab dem Schulalter halten wir sie für vollwertige Kommunikationspartner.

Was aber ist bei der Kommunikation mit dem Kind so wichtig?

Der Säugling und auch das Kleinkind verstehen den Sinn unserer Worte noch nicht.

Lange vor der Geburt kann das Ungeborene wahrnehmen, ob es der Mutter gut geht, oder ob sie Stress hat. Das merkt es am Blutdruck, an der Pulsfrequenz, der Atmung, der Körperspannung, dem Adrenalinspiegel im Blut etc.

Das sind alles Dinge, denen wir Eltern wenig Beachtung schenken.
Für das Kind sind sie aber das einzige, was es wahrnehmen kann.

Hier ein Beispiel, wie das System Kommunikation mit einem Säugling funktioniert:

Der Säugling Klaus liegt in seinem Bettchen, ist aufgewacht und schreit. Er hat Hunger.

Die Mutter ist gerade unten in der Küche damit beschäftigt, die Scherben aufzufegen. Die  große Schwester Sophie ist drei Jahre alt und hat gerade eine Flasche fallen lassen. Die Scherben sind überall verteilt.

Die Mutter beeilt sich die Scherben zu beseitigen und rast zum Bettchen des Kleinen und füttert ihn.

 

 

 

Was nimmt Klaus wahr?

  • Es weiß nicht, dass die Mutter zuerst die Scherben weg fegen musste.
  • Er weiß nicht, dass das der Mutter Stress verursacht.
  • Er hat keine Ahnung von den Zusammenhängen der Dinge.
  • Er weiß nur, dass er Hunger hat und wenn er nichts zu essen bekommt verhungern wird.

 

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Was ist im Kopf der Mutter?

Sie fühlt sich gestresst, das bedeutet höherer Blutdruck, schnellere Atmung, Adrenalin, hohe Muskelspannung, Ablenkung mit den Gedanken nicht beim Säugling.

Das nimmt der Säugling wahr und setzt das so zusammen:

Wenn ich schreie, dann hat meine Mutter Stress.

 

 

 

Wie kann die Mutter das ändern?

Sie kann dem Säugling beim Füttern erzählen, dass die Schwester unten einen Flasche kaputtgemacht hat und dass er deswegen warten musste.

Und das versteht der Säugling doch gar nicht!

Nein, aber durch das Erzählen wird die Mutter ruhiger und der Säugling nimmt wahr: “Wenn die Mutter mich füttert, dann wird sie ruhiger!”

Du glaubst das nicht?

Probiere es aus!

Noch ein Beispiel mit einem 3 Jährigen.

Klaus ist inzwischen 3 Jahre alt.

Er möchte unbedingt das Glas mit dem roten Saft von Tisch holen.

Die Mutter hat ihm gesagt: “Warte doch, ich komme gleich und gebe es dir!”

Er hat es doch versucht und nun hat er sich den roten Saft über seinen neuen Pullover geschüttet.

Was würdest Du als Mutter jetzt sagen? Ich denke so ähnlich könnte sich das anhören:

“Mensch Klaus, kannst du denn nicht warten bis ich komme? Guck mal der schöne Pullover, das geht doch nicht wieder raus!”

Oder so?
“Klaus, oh je, das ist nicht so schlimm! Guck mal der schöne Pullover, den hat Oma dir geschenkt. Was die wohl dazu sagen wird?”

Wie kommt das bei Klaus an?

Ihm ist ganz klar, dass das nicht gut ist, wenn der Saft auf seinem Pullover landet. Aber er wollte es doch selbst versuchen.

Was bedeutet die Sätze oben für den Kleinen?


“Mensch Klaus, kannst du denn nicht warten bis ich komme? Ich kann es nicht allein, ich bin von der Mama abhängig.

Guck mal der schöne Pullover, das geht doch nicht wieder raus!” Ich habe etwas gemacht, was Mama traurig macht.


“Klaus, oh je, das ist nicht so schlimm!” Ist nicht schlimm, aber Mama ist entsetzt, ich bin verwirrt!

“Guck mal der schöne Pullover, den hat Oma dir geschenkt.” Nun ist Oma auch noch  traurig!

“Was die wohl dazu sagen wird?” Sie wird bestimmt traurig sein!

Das sind Beispiele, die das System verdeutlichen sollen.

Das System ist: Die Eltern sagen etwas, wovon sie glauben, dass es der Situation angemessen ist. Kinder nehmen die Äußerungen ganz anders auf, als es ein Erwachsener tun würde, denn sie sind abhängig, verfügen über wenig Erfahrung und suchen die Schuld meist bei sich.
Zudem sieht der kleine Klaus bei dem Satz: “Das ist doch nicht so schlimm!” das Gesicht und die Körperhaltung der Mutter. ein solcher Satz macht also nur Sinn, wenn er wirklich ernst gemeint ist!

Hier bekommst Du das Kapitel noch einmal als Audio, für Dich zum Zuhören

Jetzt schauen wir uns mal näher an, wie die Nachricht übermittelt wird, was kommt beim Empfänger an?